Skip to main content
08.04.2021 | Presse

Multiprojektmanagement ist (so vital) wie Gartenarbeit

Wie man Multiprojektmanagement, und dabei insbesondere das Projektportfoliomanagement auf Gartenpflege und -gestaltung ummünzen kann, was Projektleiter*innen von Gärtner*innen lernen können und welche Fehler es zu vermeiden gilt … erläutern die next level consulting-Experten Michael Müllner und Stephan Holzgruber im Doppel-Interview.

 

Multiprojektmanagement bewegt sich im Spannungsfeld zwischen operativen und strategischen Entscheidungen. Zum einen gilt es auf der strategischen Ebene das Projektportfolio „richtig“ zusammenzustellen und die „richtigen“ Schwerpunkte zu setzen; zum anderen sind die einzelnen Projekte auf der operativen Ebene fachlich zu stemmen und wirtschaftlich abzuwickeln; es gilt Ressourcenkonflikte zu lösen und zeitliche Engpässe zu meistern.

Wesentliches Ziel des Projektportfoliomanagements ist es, die richtigen Projekte zu finden bzw. auszuwählen. Diese Projekte bilden dann das Projektportfolio. Somit zielt das Projektportfoliomanagement vor allem auf die optimale Mischung der Projekte innerhalb der gegebenen Bedingungen (wie Kundenanliegen, strategische Ziele oder verfügbare Ressourcen) und damit auf eine höhere Effektivität der Projektwirtschaft ab, während beim Projektmanagement im Allgemeinen vor allem die effiziente Umsetzung von Projekten im Vordergrund steht.

 

Interview mit Michael Müllner und Stephan Holzgruber

Welchen Stellenwert nimmt das Projektportfoliomanagement im großen Ganzen des Projektmanagements ein?

Stephan Holzgruber: Beginnen wir vielleicht noch einen Schritt weiter vorne, nämlich beim Unterschied zwischen Projektmanagement und Multiprojektmanagement, der sich – sinnbildlich gesprochen – so darstellen lässt, ob man ein Auto fährt oder einen Rennstall leitet. Ziele und Fristen spielen eine große Rolle – denn ein Projekt oder ein Programm hat immer ein Ende und wird dann danach beurteilt, ob die gesteckten Ziele erreicht wurden oder nicht. Im Gegensatz dazu besteht die Rolle des Projektportfoliomanagers innerhalb des Multiprojektmanagements andauernd und zeitlich unabhängig über die Projekte hinaus: Diese kommen und gehen, und im Fokus stehen nicht die einzelnen Projektziele, sondern die Frage, ob das Portfolio sinnvoll und gut zusammengestellt ist: Machen wir die richtigen Projekte, die wir für die Umsetzung unserer Unternehmensstrategie brauchen? Haben wir die Projekte, die wir uns vom Know-how, von den Ressourcen sowie vom Risiko leisten können? Ist das Portfolio gut durchmischt oder wird alles auf eine Karte gesetzt?

Michael Müllner: Das Multiprojektmanagement ist auch für die strategische Weiterentwicklung des Projektmanagementsystems insgesamt verantwortlich, sowie für die Projektmanagement-Standards und nicht zuletzt für die Förderung der Projektmanagement-Kultur. Und Projektportfoliomanagement ist darunter aktuell vielleicht das „spannendste“ Thema, weil man die Gesamtheit aller Projekte oder der ausgewählten Projekte vergleichend betrachtet. Daraus ergibt sich ein Gesamtbild, an dem man erkennen kann, ob es den Projekten insgesamt gut geht und wo man eingreifen muss.

 

Wie kann man das Projektportfoliomanagement mit einem Garten vergleichen oder in Verbindung bringen?


Michael Müllner:
Wenn man einen Garten mit dem Blick des Projektportfoliomanagements ansieht, geht es nicht um einzelne Blumen, Bäume oder Sträucher, sondern um eine Gesamtschau: Geht es dem Garten gut oder herrschen irgendwo offensichtliche Mängel. Im nächsten Schritt schaut man, ob es Gemeinsamkeiten gibt, oder ob einzelne Elemente des Gartens eine spezielle Behandlung brauchen. Gewisse Grundregeln gelten für alle Elemente im Garten – zum Beispiel, dass ich sie regelmäßig gießen muss oder Spezifika der Pflanzen, zB in bezug auf den Standort beachte – so wie es bei Projekten einen Standardprozess gibt, nach dem diese aus Projektmanagementsicht abzuwickeln sind.

Stephan Holzgruber: Das Projektportfoliomanagement ist die Instanz, die den Garten gestaltet, während die einzelnen Projektmanager*innen ihre speziellen Themen haben – den Rosenstrauch, das Gemüsebeet, die Obstbäume etc. Jede*r Projektmanager*in könnte das für sich optimieren und müsste dafür in andere Bereiche eingreifen – zum Beispiel beim Anlegen eines Teichs vielleicht Obstbäume roden… Wenn einer zu viele Ressourcen in Anspruch nimmt, fehlen diese dann anderswo.

 

Nach welchen Kriterien und Maßstäben werkt nun der „Projektportfolio-Gärtner“ in diesem komplexen Gefüge?


Stephan Holzgruber:
Die wichtigste Frage lautet: Was willst du mit dem Portfolio, sprich mit dem Garten erreichen? Dieses Ziel gibt einen gewissen Rahmen vor, was im Garten stattfinden soll, welche Projekte durchgeführt, welche Pflanzenarten gefördert werden sollen. Wenn man das nicht hat – und das passiert in Unternehmen oft – beginnt jemand zum Beispiel einfach mit einem Glashaus, wo ein Hochbeet vielleicht ausreichend oder sogar besser wäre. Und genau so sehen dann auch viele Gärten aus, wenn es keine Vorgaben, kein höheres Unternehmensziel beziehungsweise keine darüber stehende Idee oder Vorstellung von diesem Garten gibt.

Michael Müllner: Der Projektportfoliomanager schaut auch genau, ob es im Garten Auffälligkeiten gibt – positive oder negative – um dann zu untersuchen, warum das so ist. Denn es kann sein, dass man bei positiven Auffälligkeiten auch für die anderen Projekte etwas lernen kann; und wenn etwas extrem schlecht ist, muss man eingreifen, weil das Projekt allfällige Probleme offensichtlich nicht eigenständig handhaben kann. Man versucht dann über die Portfolioebene etwas zu retten, bevor es zu spät ist. Der Vorteil beim Projektportfoliomanagement liegt im Gesamtüberblick und der Möglichkeit, damit Auffälligkeiten zu erkennen.

 

Das heißt, unser Projekt-Großgarten ist nicht nur komplex, sondern auch sehr dynamisch…


Michael Müllner:
Es ist wichtig, zu erkennen und zu verstehen, dass ein Portfolio lebt und sich – wie ein Garten – ständig verändert: im besten Fall zum Guten, aber manchmal auch zum Schlechten hin. Im Projektportfoliomanagement schaue ich darauf, ob das Portfolio nach der Strategie ausgerichtet ist und über die Summe der Betrachtungen versucht man das Gesamte in eine gewünschte Richtung zu bewegen, die für das Unternehmen einen Vorteil generiert.

Stephan Holzgruber: Umgelegt auf einen Garten stellt sich hier die Frage nach den übergeordneten Zielen: Steht ein biologisch-dynamischer Zugang im Vordergrund, dann ist alles wichtig, was Bienen anlockt. Will man mit den Enkeln im Garten spielen, dann besser keine Bienen und dafür ein belastbarer Rasen. Oder wenn der Garten eine Oase für den mentalen Ausgleich sein soll, dann ist das als übergeordnetes Ziel für ein Projektportfoliomanagement definiert – und ob dann in der Ecke ein kleiner Teich mit einem Springbrunnen angelegt wird oder eine Hängematte zum Ausruhen … das ist dann das Projekt.

 

Was wäre denn im Vergleich dazu die Rolle bzw. Aufgabe des Multiprojektmanagements in der Gartengestaltung?
 

Michael Müllner: Das Multiprojektmanagement beim Garten wäre zum Beispiel, dass ich definiere und vorgebe, wie eine neue Pflanze einzusetzen ist – also wie der Prozess ausschaut, wenn eine neue Pflanze in den Garten kommt. Es definiert einen so genannten „Beauftragungsprozess“, der festlegt, wie ein neues Projekt im Unternehmen entsteht. Durch diesen Flaschenhals müssen dann alle Projektideen und Anträge, damit sie ins Portfolio passen: Hier wird entschieden, ob wir uns dieses Projekt überhaupt leisten können, ob wir die nötigen Ressourcen haben, welche Abhängigkeit zu bereits bestehenden Projekten bestehen etc. Dieser Beauftragungsprozess stellt sicher, ob der Garten überhaupt eine weitere Pflanze verträgt oder ob momentan kein Platz ist.

Stephan Holzgruber: Und wie du eingangs schon erwähnt hast, wirft Multiprojektmanagement auch ein Auge auf die „Kultur des Projektmanagements“ – also die Stimmung in den Projekten unter den Auftraggebern und Projektleitern; die Kommunikation und insbesondere das Funktionieren von Feedback-Zyklen. Und zum Multiprojektmanagement gehört auch die Koordination der gesamten Aus- und Weiterbildung in Zusammenarbeit mit der Personalabteilung, dem HR-Bereich.

 

Zuletzt noch eine kleine Challenge zwischen euch beiden in Ping-Pong-Form mit der Bitte um abwechselnde, kurze Antworten auf folgende Frage:  

Was können Projektportfoliomanager von Gärtnern lernen?

 

Michael Müllner:
Gärtner haben einen emotionalen Bezug zu ihren Pflanzen – und so einen emotionalen Bezug können auch Projektleiter zu ihren Projekten aufbauen und diese nicht nur als Sache auffassen.



Stephan Holzgruber: 
Gärtner haben ein gutes Gespür für den Umgang mit begrenzten Ressourcen – nach dem Motto: Das ist der Platz, diese Anzahl von Projekten geht sich aus und mehr nicht.

 



Michael Müllner:

Als Gärtner muss man sehr präzise arbeiten. Es macht einen Unterschied, ob man die Pflanzen zum richtigen Zeitpunkt richtig behandelt oder nicht.

 



Stephan Holzgruber:

Gärtner haben einen guten Umgang mit Zeiten und Durchlaufzeiten – weil sie wissen, dass viele Dinge ihre Zeit haben und brauchen … unabhängig von Optimierungsversuchen, von gutem Zureden oder Drohen: In einem Monat wird die Karotte nicht wachsen, und wenn ich sie trotzdem rausziehe, ist sie verkümmert.

 



Michael Müllner:

Gärtner müssen vorausschauend agieren – zum Beispiel bei einem angesagten Kälteeinbruch empfindliche Pflanzen im Garten schützen. Das ist wie beim Risikomanagement, wo man abwägt, präventiv etwas zu schützen – dann macht man das jetzt gleich und packt im Garten seine Pflanzen noch mal ein – oder man agiert korrektiv und kann bei einem Kälteeinbruch verschiedene Maßnahmen ergreifen.



Stephan Holzgruber:

Gärtner oder Landwirte haben generell einen guten Umgang mit dem Thema „Risiko“: Sie sind sich dessen meistens viel klarer bewusst und rechnen die Möglichkeiten oder Wahrscheinlichkeiten – zum Beispiel von Hagel oder Frostschäden – ein. In vielen Unternehmen dagegen wird Risiko gerne ausgeklammert und als Risk-Manager gilt man oft als Untergangsprophet…




Michael Müllner:

Aber wenn es dann wirklich hageln sollte, ist man deshalb aber kein schlechter Gärtner, wenn große Schäden zu verzeichnen sind – während man als Projektmanager in Unternehmen oft für unvorhergesehene Einflüsse von außen verantwortlich gemacht wird.

 



Stephan Holzgruber:
Und wenn man davor gewarnt hat, gilt man oft als pessimistischer Schwarzmaler. Das kann man vom Gärtner lernen, dass man weiß, dass es Risiken gibt und dass man sich schon im Vorhinein Gedanken macht.

 

 

Das ist eindeutig ein Unentschieden – oder vielmehr ein Sieg auf beiden Seiten. Herzlichen Dank für das Interview!
 

 

Fazit, um Fehler im Multiprojektmanagement zu vermeiden – oder:
Die To-Do-Liste für erfolgreiche „Projektportfolio-Gärtner“!
 

>  Klare Portfolioziele definieren.

>  Gemeinsames Verständnis und Klärung der Fragen:

          >  Was wollen wir tun und woran legen wir das fest (Stichwort: Unternehmensstrategie).

          >  Was können wir tun und was können wir uns leisten bezogen auf unsere Möglichkeiten, Ressourcen und  auch die Risikobereitschaft.

>   Regelmäßig (standardisiert) den Status aller Projekte im Portfolio erheben.

>   Klare Vorgabe für Projekteigenschaften – zum Beispiel: Was sind Ressourcen?

>   Eine gemeinsame, einheitliche Sprache ermöglicht es (erst), über Projekte zu reden.

>   Nicht (nur) aus Sicht der einzelnen Projekte Entscheidungen treffen, sondern Konsequenzen aus dem Portfoliomanagement ableiten.

>   Priorisierungen erst dann machen, wenn man sich über Ziele und die entsprechenden Kriterien im Klaren (und einig) ist.

>   Das Augenmerk auch auf Interessen und Befindlichkeiten legen und nicht nur auf Formulare und Prozesse.

>   Tool- oder Werkzeug-Hörigkeit vermeiden: Werkzeuge sind wichtig, aber sie alleine lösen das Problem nicht.

 

 

 

 

 

 

 

 

Stephan Holzgruber
Senior Consultant, next level consulting

 

 

 

 

 

 

 

Michael Müllner
Managing Partner, next level consulting

 

 

 

next level holding GmbH.

Floridsdorfer Hauptstrasse 1, 1210 Vienna

Tel: +43/1/478 06 60-0

Fax: +43/1/478 06 60-60