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19.03.2021 | Presse

Frühlingsputz im Projektmanagement

Aufräumen in der Organisation nach der KonMari-Methode.

Die KonMari- Methode – benannt nach der Japanerin Marie Kondo* – hilft Menschen aus der ganzen Welt beim Entrümpeln und Organisieren ihrer Häuser und Wohnungen. Lassen sich einige dieser Ideen auch im Projektmanagement anwenden? Ja, meint Katharina Heger, Senior Consultant bei next level consulting, die Kondos Aufräum-Art schon länger für sich entdeckt und für Projektmanager und Organisationen adaptiert hat. Hier erhalten Sie nicht nur spannende Einblicke, sondern auch 3 praktische ToDo-Listen zum „Frühjahrsputz“ Ihrer Projekte.

 

„Sich zu überlegen, was ist unser Sinn und Zweck, unser Purpose, was schaffen wir für Werte – und dabei immer wieder zu schauen, was uns unterstützt, hindert oder nicht mehr dienlich ist … das gehört für mich in einen Regelprozess und den Arbeitsalltag. So gewinnen wir Klarheit und fokussieren unsere Energie auf das Wesentliche.“, bringt Katharina Heger in Kurzfassung (im nachfolgenden Interview) die Adaption des KonMari-Konzepts für das Projektmanagement auf den Punkt. 

Die KonMari-Methode (im deutschsprachigen Raum auch unter dem Begriff „Magic Cleaning“ bekannt) konzentriert sich darauf, Hausbesitzern beim Ausmisten zu helfen. Sie beruht auf dem einfachen Prinzip, dass Ordnung glücklich macht … entsprechend dem japanischen Sprichwort „Die Unordnung im Zimmer entspricht der Unordnung im Herzen.“ Die Vorgehensweise ist simpel und effektiv: Wenn Ihnen ein Gegenstand in Ihrem Haus keine Freude (mehr) macht, entfernen Sie ihn! Diese Trennung von Dingen geschieht auf eine strukturierte, fast zeremonielle Art und Weise:

1.     Befreien Sie sich von Dingen, die Sie nicht mehr benötigen. Um festzustellen, welche das sind, stellen Sie sich die Frage:
        Macht mich dieser  Gegenstand glücklich? Wenn Sie mit Nein antworten, wird er verschenkt, gespendet oder entsorgt.

2.     Machen Sie zuerst die einfachsten Dinge, wie z.B. Socken, bevor sie die schwierigeren angehen, die emotionell aufgeladen sind,
        wie Fotos, Bücher etc.

3.     Seien Sie dankbar. Nur weil Sie die Gegenstände nicht mehr brauchen, heißt das nicht, dass sie nie einen Zweck erfüllt haben.

 

Und ein kleiner Tipp vorab: Haben Sie keine Angst, dem Chaos ins Auge zu sehen und machen Sie es wie Marie Kondo (in der Netflix-Serie „Tidying Up with Marie Kondo“), die beim Anblick höchster Unordnung fast in Extase gerät: „I’m so excited, because I love … mess!“

 

 

Interview mit Katharina Heger

 

Wie bist du auf Marie Kondo gestoßen?

Ich habe ihr Buch seinerzeit empfohlen bekommen und bin mittlerweile auch Fan ihrer Netflix-Serie, in der sie ihren asiatischen Zugang darlegt: Dass alles, was rumsteht, sich Raum nimmt – und dass das auch mit uns Menschen etwas macht. Mir gefällt die Einfachkeit, mit der sie auf den Punkt bringt, wie sich in ihrem Leben ein Prozess des Aufräumens entwickelt hat, wie man vorgeht, mit welchen Dingen man beginnt.

 

Wie sieht das eigentliche KonMari-Prinzip aus?

Man startet seinen Aufräum-Prozess mit jenen Dingen, von denen man sich leicht lösen kann. Die schwierigen Sachen, die emotionaler sind, kommen später dran. Das ist sehr durchdacht, das hat mich begeistert. An dieser Stelle habe ich mir überlegt, diese Methode auf Organisationen zu übertragen und beim Projekt- und Prozessmanagement anzuwenden.

 

Wie war dein Schritt von der Sockenlade zum Projekt- und Prozessmanagement?

Mir ist aufgefallen, dass viele Organisationen sehr unaufgeräumt, um nicht zu sagen überfordert sind: Zu viele Projekte, zu viele Prozesse … die vielleicht nicht mehr notwendig sind bzw. die so gewachsen sind, dass sie keiner mehr versteht und überblickt. Da wurde mir klar, dass diese Organisationen einen „Frühjahrsputz“ gut gebrauchen könnten, um ihre Projekte und Prozesse aufzuräumen und auszumisten. Und bei der wichtigen Frage, wo fange ich an und nach welchen Kriterien gehen wir vor, war das KonMari-Prinzip sehr hilfreich.

 

Vorweg die Frage: Geht es hier um eine einmalige Sache oder um eine permanente Umstellung im Ordnung halten?

(lacht) Nach Marie Kondo ist es so, dass einmal etablierte Strukturen kommen, um zu bleiben. Man hat dann seine Kriterien, nach denen neue Projekte, neue Prozesse immer wieder evaluiert, betrachtet, auf den Prüfstand gestellt werden. Natürlich ist es notwendig und gut, immer wieder mal aufzuräumen. Damit gewinnt man Freiräume für die wichtigen Aufgaben – jene, die die meiste Wirkung für unsere Ausrichtung haben und dem Kunden den größten Nutzen bringen.

 

Ist Ordnung also genau so wichtig wie Strategie?

Das gehört für mich in einen Regelprozess und in den Arbeitsalltag: Sich zu überlegen, was ist unser Sinn und Zweck, unser Purpose, was schaffen wir für Werte – und dabei immer wieder zu schauen, was uns unterstützt, hindert oder nicht mehr dienlich ist. So gewinnen wir Klarheit und fokussieren unsere Energie auf das Wesentliche. Das ist auch, in Kurzfassung, meine Adaption des KonMari-Konzepts auf das Projektmanagement.

 

Was können Projektmanager*innen vom Kondo-Konzept lernen? Am besten gleich als Liste – zum Ausdrucken und Aufhängen!
 

  • Alle laufenden Projekte und Prozesse in einem Unternehmen sichtbar und transparent machen – in einer Liste oder besser: mit bunten Kärtchen an einer großen Wand.
  • Jedes Projekt, jeden Prozess darauf hin prüfen, inwieweit es noch zur Unternehmens-Strategie passt, Nutzen schafft, der Ausrichtung und dem Zweck der Organisation dient.
  • Alles rausschmeißen, was den Kriterien nicht entspricht.
  • Allen entsorgten Dingen Dankbarkeit erweisen: Sie waren mal (mehr oder weniger) wichtig und wertvoll, auch wenn sie jetzt nicht mehr benötigt werden.
  • Die Dinge, die übrig bleiben, in eine Priorisierung bringen: Was sind die wichtigsten Themen; und auch hier noch mal definieren, worauf man den Fokus legen will.
  • Jene Themen raus filtern, die in der Pipeline warten sollen. Die kommen dann zu einem späteren Zeitpunkt dran, wenn sie wichtig oder relevant sind bzw. Raum für Neues da ist.

 

Marie Kondo rät, die Zeit fürs Aufräumen kurz zu bemessen, sich nicht zu verzetteln. Wie wichtig ist das Prinzip „Tempo“ in einer Organisation?

Sehr wichtig – und das lässt sich für all jene, die Projektmanagement betreiben oder in der Organisationsentwicklung tätig sind, in einer simplen Rechnung darlegen: Jeder Tag, der in ein Projekt investiert wird, das keinen Nutzen mehr stiftet, ist ein verlorener Tag! Das dient als Anreiz, hier schnell und konsequent vorzugehen und zu definieren: Welche Projekte sind für die Zukunft, für die Fragen von morgen relevant. Welche Projekte gehören entsorgt.

 

„Entsorgen“ ist eine Sache, die oft schwer fällt…

Genau dafür hat Marie Kondo ein spezielles Ritual: Man verabschiedet sich vom entsprechenden Gegenstand und bedankt sich, dass er da war. So lässt man ihn leichter gehen. Dieses Loslassen erfolgt mit Wertschätzung und dieses asiatische Gedankengut sollte man auf unsere Kultur übertragen, in der man sich oft schwer damit tut, etwas aufzugeben.

 

Wie kann man ein Projekt „dankbar entsorgen“, ohne dass die Führung oder ein Kunde vor den Kopf gestoßen wird?

In dem man das wert schätzt, was schon da ist – was man aus dem Projekt gelernt oder geerntet hat und indem man – wie gesagt – eine entsprechende Wertschätzung und Dankbarkeit für alles Entstandene aufbringt. Es kann auch sein, dass die Aufgaben aus der Ausgangssituation des Projekts vielleicht auf halber Strecke schon zum Großteil gelöst wurden – und nach der 80:20-Regel, dem Pareto-Prinzip, reicht das auch schon.

[EXKURS: Das Pareto-Prinzip besagt, dass man mit 20 % Aufwand 80 % des gewünschten Outputs erreicht. Die letzten 20 % Output würden weitere 80 % Aufwand erfordern.]

Man muss nicht die 100 Prozent erreichen … vielleicht besteht ein Problem gar nicht mehr oder ein Projekt hat sich weiterentwickelt oder Prozesse sind nicht mehr schlank, agil oder zukunftsfit.

 

Wie erkennt man, dass Organisationen „übergewichtig“ geworden sind?
 

  • Wenn man merkt, dass Entscheidungswege lang, oder Entscheidungen gar nicht mehr getroffen werden…
  • Wenn die Leute sich in den Meetings erzählen, dass sie keine Zeit haben, Arbeitspakete umzusetzen…
  • Wenn man von einem Meeting zum anderen eilt…
  • Wenn man sich sehr mehr mit sich selbst beschäftigt, der Organisationen und ihren Prozessen selbst beschäftigt, statt mit den Kundenbedürfnissen.
  • Wenn Output und Effizienz in den Prozessen zusehends sinken…
  • Wenn es immer mehr Beschwerden von Kund*innenseite und Unzufriedenheit in den Teams gibt…

… dann sind die Mitarbeiter*innen mit den Projekten überfordert, dann sind die Prozesse in der Organisation übergewichtig, dann passt es nicht mehr wirklich, dann gehört aufgeräumt!

 

Die Führungskräfte können Strukturen legen, aber ohne die Mitarbeiter*innen wird ein Aufräumen nicht gelingen. Wie bekommt man die ins Boot?

Ich glaube, dass alle Mitarbeiter*innen erleichtert sind, wenn man zur Entrümpelung aufruft. Die bekommen oft ein Projekt nach dem anderen auf den Tisch – und wenn sich diese anhäufen, leidet die Übersicht darunter, welche Projekte wie wichtig sind. In solchen Situationen treten dann im beruflichen Umfeld Spannungen auf. Die Chance durch das Aufräumen liegt darin, wieder fokussierter arbeiten zu können. Dann geht mehr weiter und die Motivation innerhalt ber Teams steigt, weil sie ihre Aufträge bewältigen können.

 

„Fang mit den einfachsten Dingen an“ lautet ein Prinzip von Kondo. Womit sollte man im Job beginnen?

Die Reise beginnt am besten bei jedem selber: Jeder soll sich in seinem Arbeitsfeld überlegen: Welche Arbeitsschritte mache ich, welche Arbeitspakete, Projekte? Wenn ich meinen Arbeitstag betrachte, wo geht die Zeit hin? Wie zahlt das, was ich mache, auf den Zweck ein, auf die Ausrichtung des Unternehmens beziehungsweise inwieweit schafft das einen Nutzen für unsere Kunden? Und dann kann jeder Einzelne für sich überlegen, welche Dinge könnte man vielleicht weglassen? Wenn man das im Team zu zweit oder zu dritt macht und sich gegenseitig reflektiert und unterstützt – kann das ein gruppendynamischer Prozess werden, der am Ende viel Freude bringt, mehr Effektivität und Transparenz unseres Wirkungsfeldes. Und bei Projekten, die nicht mehr zu unserer Ausrichtung passen, braucht es mutige Entscheider, diese zu stoppen.

 

 

Eine hilfreiche Liste für die ersten Schritte zur Umsetzung des KonMari-Prinzips im eigenen Arbeitsumfeld:
 

1) Visualisiere alle Arbeitsschritte, alle Aufgaben, alle Projekte mit bunten Klebezetteln auf einer Wand, einem Flipchart einem Board.

2) Ordne dann die Zettel folgenden Spalten zu:

  • START
  • CONTINUE
  • STOP

 

3)  Bring die Zettel  in der Spalte CONTINUE bzw. START in eine Struktur nach den Kriterien:

  • wichtig
  • dringend
  • lebensnotwendig fürs Unternehmen
  • unwichtig oder nicht wirklich wichtig

 

4) Verabschiede Dich von den Themen in der STOP-Spalte und kommuniziere das an jene, die davon betroffen sind.

Mit der entstandenen Ordnung hat man einen klaren Fokus, welche Projekte weiter verfolgt werden und welche man später (wieder) starten könnte, wenn Ressourcen frei sind.

 

Diese Kriterien stammen übrigens aus der Agilen Methodenkiste, wo es darum geht, die Zusammenarbeit zu reflektieren, Verschwendung zu vermeiden und kontinuierlich die Effektivität und Effizienz zu verbessern. Und hier schließt sich der Kreis von Ausmisten und effektiver Arbeit.

Herzlichen Dank für das Gespräch!




 

*Marie Kondō, geboren 1984 in Tokio, ist eine japanische Ordnungs-Beraterin und Bestsellerautorin, deren Bücher in 27 Sprachen übersetzt und weltweit millionenfach verkauft wurden. Sie hält Seminare, in denen sie Wegwerfen und Aufräumen lehrt und als Ausgangspunkt einer inneren Ordnung definiert.

 

 

 

 

 

Katharina Heger
Senior Consultant, next level consulting

next level holding GmbH.

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Tel: +43/1/478 06 60-0

Fax: +43/1/478 06 60-60