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06.04.2020 | News

Agil agieren = Verantwortung übernehmen

Von Katharina Heger


Wie viel und vor allem welche Art von Veränderung braucht ein Unternehmen, um von alten, starren Strukturen in Richtung Neues Arbeiten zu kommen? Diese Frage beantworten wir hier mit zwei Gegenfragen: Wie wäre es, wenn wir einerseits mehr Vertrauen aufbringen und andererseits in unseren Jobs mehr Verantwortung übernehmen würden?

 

Die Vorteile von Homeoffice und Teleworking liegen schon lange auf dem Tisch und hier und da hat sich vielleicht auch schon etwas verändert, aber den großen Turnaround gab es noch nie – so wie er jetzt durch die Krise passiert ist. Warum das vorher noch nicht angewendet wurde, hat in erster Linie mit den Themen „Vertrauen“ und „Verantwortung“ zu tun.
Wir haben jetzt – durch und nach der Corona-Krise – die einmalige Chance, alte Strukturen zu hinterfragen und Neues auszuprobieren …. Und es wird auch notwendig sein, diese Lernerfahrung, die wir jetzt machen, mitzunehmen für die Zeit danach, in der wir eine Aufbauarbeit leisten dürfen und in der wir Zeitfresser, Ineffizienzen und Frustrationen eliminiert haben sollten. Wir sollten diese Zeit jetzt nutzen und unseren Fokus schärfen: Auf das, was wir erreichen wollen, auf das, was wir als Sinn und Zweck definieren. All das wollen wir umsetzen, diesen Fokus sollen wir setzen.
Wenn es bekannt ist, dass Homeoffice und Teleworking nicht nur Zeit, sondern den Unternehmen vor allem auch Geld spart, warum bieten Firmen ihren Mitarbeitern diese Möglichkeiten nicht an? Die Antwort ist ernüchternd: Weil erstens vielerorts die Erfahrung fehlt und zweitens das Vertrauen in die Mitarbeiter nicht da ist, dass auf diese Weise produktiv für das Unternehmen gearbeitet wird.

 

Vertrauen = mit weniger Kontrolle mehr erreichen


Die Unternehmenskultur ist in vielen Organisationen immer noch sehr stark von der körperlichen Präsenz geprägt: Wer als Erste/r kommt und als Letzte/r geht, gilt als fleißig. Die Basis für Zusammenarbeit ist aber gegenseitiges Vertrauen. Da gibt es auf der einen Seite Organisationen, die auf „Command & Control“ basieren, die auf Überwachung setzen und mit Prozesskennzahlen und Mikromanagement-Zielen für jeden Einzelnen arbeiten. Auf der anderen Seite gibt es jene Organisationen, die eher in ganzheitlichen Ansätzen denken und sehr stark auf Vertrauen aufbauen. Dort existieren kaum Dokumentationen (die ein Zeitfresser sind), wie lang welcher Mitarbeiter gearbeitet hat, weil sehr viel in den Teams intrinsisch passiert: die Teams wissen von sich aus, was zu tun ist, wo die Reise hingeht, wie sie sich beteiligen und aktiv einbringen. Auch hinsichtlich Entscheidungen sind diese Teams selber ermächtigt, da sie das Meiste über das jeweilige Thema wissen.

 

Veränderung in die Organisation bringen


Wenn sich Unternehmen für agile Ansätze entscheiden, müssen sie eine adäquate Unternehmenskultur schaffen, was meistens mit einer Veränderung der bisherigen Strukturen und mit einem Aufbrechen der Hierarchien einher geht. Sonst überfordert der Prozess schnell alle Beteiligten. Anstatt mehrere Projekte gleichzeitig abzuwickeln und von einem Meeting zum Nächsten zu eilen, um dort zu erklären, warum einzelne Arbeitspakete nicht erfüllt werden konnten, gilt es, sich auf ein bzw. auf wenige Projekt/e zu fokussieren. Dafür wird ein Team zusammengestellt, das gemeinschaftlich innerhalb einer begrenzten Zeit dieses eine Projekt umsetzt – vom Anfang bis zum Ende. Das Team hat Entscheidungskompetenzen, arbeitet eigenverantwortlich, selbstorganisiert und kann sich nur dieser einen Aufgabe, diesem einen Projekt widmen.


Die folgende Abbildung zeigt, dass der Output sogar negativ wird, wenn Menschen an mehreren Projekten gleichzeitig arbeiten, d.h. sie werden für das Projekt zur Last, anstatt es voran zu treiben. 

 

Organisation müssen sich von alten Ansätzen, Prozessen, Entscheidungswegen und Kulturthemen lösen und alles Unnötige über Bord werfen, um agil arbeiten zu können. Man kann das Agile nicht einfach auf bestehende Strukturen on-the-top drauf setzen! Damit es funktionieren kann, braucht es alle in einem Boot: die Entscheidung vom Top-Management, dass man diesen Weg gehen möchte und die Mitarbeiter/innen, die es in der Praxis umsetzen. 

 

Wie ein Kulturwandel gelingen kann

Um einen Kulturwandel zu ermöglichen, muss man sich zuerst einige elementare Fragen vor Augen führen, damit die Menschen im System einen Kompass haben, wie sie vorgehen, wie sie sich in ihren Bereichen entscheiden sollen.

 

1. Was ist der Sinn und der Zweck der Organisation? Warum gibt es uns?
2. Was sind unsere Werte als Organisation?
3. Wie wollen wir zusammenarbeiten? Was möchten wir leben?

Basierend auf den Antworten gilt es dann, sich vor Augen zu führen, wie der Status Quo aussieht, worin die aktuelle Aufgabe besteht und wie das Arbeitsumfeld beschaffen ist.

 

4. Fokussierung: Welche der bestehenden Aufgaben dienen dem festgemachten Sinn und Zweck – und welche nicht?
5. Entrümpeln: Alle Projekte und Aufgaben, die nicht diesem Sinn und Zweck entsprechen, fallen raus.
6. Teambildung und Verantwortung: Mit der neuen Fokussierung auf die wesentlichen Aufgaben gehen die Teams stärker in die Verantwortung, ohne Einheiten dazwischen, die kontrollieren oder messen und für Andere entscheiden.

Mit der Übertragung und dem bewussten Übernehmen von Verantwortung ist ein Grundstein für die agile Veränderung gelegt. Ein weiterer wichtiger Meilenstein liegt anschließend bei der Etablierung einer gewissen Fehlerkultur.

Wenn es uns wichtiger ist, Fehler zu vermeiden, als in die aktive Umsetzung zu gehen, dann werden Produktionsprozesse komplizierter und Entwicklungen dauern länger, weil wir die Verantwortung nicht übernehmen und uns lieber hundert Mal absichern, bevor wir etwas aktiv umsetzen.

 

 

 

 

Katharina Heger 
Senior Consultant, next level consulting

next level holding GmbH.

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Tel: +43/1/478 06 60-0

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