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29.07.2020 | Presse

Hand in Hand & Schritt für Schritt: Wie Prozess- und Change Management bei der Digitalisierung unterstützen

Von Jennifer Keller & Gaston Saborowski

 

Das Thema „Digitalisierung“ ist aus unserem modernen Alltag nicht mehr wegzudenken. So verändert sich unsere Welt, es ändern sich Abläufe und Gewohnheiten. Und diese Anpassungen, vom Digitalpakt zwischen Bildung, Wirtschaft und Menschen bis zu einer digitalen Revolution innerhalb der Gesellschaft, stehen erst am Anfang. Strukturelle Veränderungen oder Erweiterungen, real wie virtuell, stehen für viele Unternehmen an, und damit geraten zwei Fragen schnell in den Mittelpunkt: Was müssen/wollen wir ändern – also z.B. welche Prozesse (Prozessmanagement) – und wie gehen wir mit den Veränderungen um – also wie begleiten wir die Veränderungen aus Sicht der betroffenen mündigen Nutzer/Anwender (Change Management). Daher müssen Prozessmanagement und Change Management bei „Digitalisierungsvorhaben“ für deren Erfolg „Hand in Hand“ gehen.

 

Change- und Prozessmanagement im Umfeld „Digitalisierung“

Digitalisierung benötigt ein gutes Zusammenspiel von Prozessen und Daten. Gleichzeitig ist eine offene Kultur relevant, in der die digitalen Prozesse gelebt werden. Um dies weiter zu vertiefen, müssen wir definieren, was wir eigentlich unter „Digitalisierung“ verstehen.

Bezeichnete der Begriff »Digitalisierung« früher, etwa seit den 1970er Jahren, das Umwandeln von analogen Werten in digitale Formate und ihre Verarbeitung oder Speicherung in einem digitaltechnischen System, so geht es heute weit darüber hinaus – nämlich um die zielgerichtete Identifikation und Ausschöpfung von Potenzialen zur digitalen Verarbeitung.

Von dieser Definition abgeleitet, müssen zumindest drei Grundvoraussetzungen gegeben sein und zeitgleich ineinandergreifen: Ein definierter Sinn und Zweck, ein nachhaltiger Veränderungswille und eine dazu passende Struktur.

 

Sinn & Zweck – oder die Konzentration auf das Wesentliche
 

Fragen Sie sich auch manchmal, was wichtiger ist: das Ziel oder der Weg dorthin? Das kann man, wie so oft, von zwei Seiten betrachten. Die erste Frage lautet: Was habe ich überhaupt vor, um mich mit Prozessmanagement/Digitalisierung zu beschäftigen? Und hier gilt als Warnung aus der Praxiserfahrung: 90 Prozent der Prozessimplementierung geht schief! Damit merken wir auch, wie detailliert etwas beschrieben sein muss, und welche Kernpunkte zur Übernahme führen, um einen Prozess wirklich in eine Arbeitsfähigkeit zu bringen und in weiterer Folge einen Schritt nach dem anderen bewusst umzusetzen. Dieser sogenannte »Quick Win«, der aus der richtigen Dosis resultiert, ist ein großer Motivationsfaktor für den Change Aspekt. Diese Veränderungen bzw. Verbesserungen zu sehen, fördert den inneren Antrieb und bringt es mit sich, dass sich die Menschen in den neuen Prozessen bzw. mit dem neuen Produkt wohlfühlen, damit arbeiten wollen, den Sinn darin erkennen und Vertrauen in die Prozesse und letztendlich in die Organisation entwickeln.

 

Veränderungswille – oder der Change im Mindset
 

Aus der Sicht des Change Managements muss man vorausschicken, dass Menschen „Gewohnheitstiere“ sind. Um sich zu verändern, gibt es zwei Hauptbeweggründe: Ein hoher Leidensdruck oder ein besonderes Incentive, eine Belohnung. Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Sie sitzen in einem Raum und Ihnen wird gesagt, dass Sie sich auf den Tisch stellen sollen. Dann fragen Sie sich vermutlich, warum? Die eine Möglichkeit in Zusammenhang mit dem Leidensdruck sieht so aus: Der Raum läuft voll Wasser und Sie müssen sich auf diesen Tisch stellen, um nicht nass zu werden bzw. zu ertrinken. Das entspricht zum Beispiel der Corona-Situation – hierzu ein sehr gutes Beispiel aus der Praxis: Eine Abteilung hat zwei Jahre darum gekämpft, für die Erleichterung von Meetings die Online-Kommunikationsplattform »Teams« im Unternehmen einführen zu dürfen. Als Corona kam und damit auch der entsprechende Leidensdruck, war »Teams« innerhalb von fünf Tagen installiert – für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Was den zweiten Beweggrund angeht, das Incentive, kann das eine Motivation von außen sein: Also, wenn z.B. in unserem Beispiel an der Decke ein 100-Euro-Schein klebt. Dann würden Sie sich wahrscheinlich auch auf den Tisch stellen, um an diesen heranzukommen.

Die Frage, welche Motivation Firmen haben, sich zu verändern, ist insbesondere auch in Zusammenhang mit der Digitalisierung evident. Wenn es der Leidensdruck ist, vielleicht sogar der Corona-Phase geschuldet, dann geht es darum, nicht nur an die Hard Facts zu denken – also die Ziele und den Zweck der Veränderung für die Organisation –, sondern auch an die Soft Facts, die Menschen. Diese muss man im Gedanken an das Change Management »mitnehmen«, daran wird oftmals nicht mit der nötigen Aufmerksamkeit gedacht. In unserem Beispiel kann man aus der Krise eine Lernerfahrung ziehen und die Remote-Tools »Teams« & Co weiter und verstärkt nutzen – und so im Bereich Kommunikation die Digitalisierung vorantreiben.

Ganz gleich, welche Prozesse man implementieren will – um diese auch leben zu können, ist es unabdingbar, die Menschen „mitzunehmen“. Und zwar nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch die Führungskräfte. Das heißt, man geht weg von einer hierarchischen Aufbauorganisation hin zu einer Ablauforientierung, was ein ganz anderes Mindset bedeutet. Wenn also grundsätzlich der Gedanke da ist, irgendetwas zu verändern, einen Strategiewandel zu vollziehen, ist es sinnvoll, erst einmal in Abläufen zu planen. Dabei muss man aber immer berücksichtigen, den Menschen innerhalb der Prozesse Platz zu geben.

Wenn die mündigen Nutzer/Anwender zu sich einen Bezug finden, werden sie sich mit den Prozessen beschäftigen. Dann entsteht dadurch ein innerer Antrieb – in unserem Bild gesprochen: Wenn ich mich auf den Tisch stelle, um den 100-Euro-Schein zu holen und erkenne, dass ich von hier oben aus plötzlich einen viel weiteren und schöneren Ausblick aus dem Fenster habe … dann freue ich mich innerlich und erkenne, was die Veränderung für mich Positives bringt. Der Veränderungsgrad ist vor allem vom Veränderungswillen abhängig und nicht davon, wie schnell man etwas skizzieren und planen kann oder was gerade als Standard beziehungsweise als Supertrend gilt.

 

Strukturen – oder das Prozessmanagement als Treppengeländer
 

Menschen und auch Organisationen brauchen Strukturen. Das hat in erster Linie mit Ordnung zu tun, die allen ein Gefühl von Orientierung und damit Sicherheit vermittelt und nicht zuletzt für Vertrauen sorgt. Was kann in Zusammenhang mit Struktur ein gutes Prozessmanagement bewirken? Das lässt sich vielleicht mit dem Bild eines »Treppengeländers« gut visualisieren: Sie kommen die Treppe auch ohne Geländer hinauf. Aber einfacher und sicherer ist es, wenn Sie sich festhalten können, und Sie wissen insbesondere bei einer freistehenden Treppe: Da ist das Ende, da kann ich mich anhalten, ich habe Orientierung und Sicherheit! Also damit sei auch gesagt, Treppengeländer ist nicht gleich Treppengeländer – mal reicht ein gespanntes Seil, mal muss es eine aufwändige Konstruktion sein. Das ist Prozessmanagement … im Grunde eigentlich unspektakulär, vor allem wenn alles läuft. Es ist das Erschaffen und dann das kontinuierliche Darauf-Achten, dass alles von vornherein sicher ist und alle wichtigen Dinge da sind.

 

Zusammengefasst: „Es geht darum, die richtigen Dinge zu tun – und diese dann auch richtig zu tun!“

 

Praxiserprobtes Handlungsmodell „Digitalisierung in 5 Schritten“

Digitalisierung in der Praxis ist ein echtes „partizipativ-inklusives Handwerk“ von Prozess– und Change Management; Der nachhaltigste Erfolg stellt sich ein, wenn beides Hand in Hand und gemeinsam Schritt für Schritt abgearbeitet wird. Dieses Bild vertiefend ist die 5-Finger-Methode ein guter Wegweiser. Wie bei der Hand jeder Finger seine Aufgabe hat und erst alle fünf im Zusammenspiel ihre beste Wirkung entfalten können, gibt es auch bei unserem Handlungsmodell keinen wichtigeren oder weniger wichtigen Aspekt – denn jeder Finger kann und soll ebenso Großes beim „Digitalisieren“ bewirken, wie bei einem festen Händedruck.

 

Schritt 1 – Daumen: »gemeinsame Vision & Verständnis«

Um ein festen „Greifen“ unseres Handelns zu ermöglichen, benötigen wir eine gemeinsame Sicht, ein Commitment zur »Vision der Digitalisierung«. Das markiert den Beginn unserer Prozessarbeit; den Input. Dies können neue Leitwerte für Prozesse sein (z. Bsp. effizientere Prozesse), neue Kommunikationswege zwischen den mündigen Anwendern sein (z, Bsp. Einchecken online/Boarding) bis hin zu neuen Geschäftsmodellen (z. Bsp. stationärer Buchhandel wird Onlinehändler)

Im Change Aspekt geht es darum, den Menschen den Sinn dahinter zu vermitteln. Das sind die digitalen Produkte und Geschäftsmodelle auf der einen Seite und die zukunftsfähige Arbeit auf der anderen Seite.

 

Schritt 2 – Zeigefinger: »Fakten & Nutzen«

Die relevanten Ist-Prozesse sind erhoben und dokumentiert.

Mit unserem Zeigefinger signalisieren wir, dass uns etwas wichtig ist – wir zeigen auf dieses oder zeigen an, uns einzubeziehen. Um dies zu können benötigen wir eine Basis – unser aktuelles Wissen inklusive unserer Werte. Daher ist wichtig, alles zur Vision Passende einzusammeln und zu sortieren. Dabei ist wichtig klar zwischen Ist, Soll und Wunsch zu trennen. Im Change Aspekt steht nach wie vor die Vermittlung der Sinnfrage im Vordergrund. Hier hilft es, die Schritte zu pilotieren und einen »Leuchtturm«, den Zeigefinger zu haben, also ein erfolgreiches Beispiel, das aus der Ferne strahlt. Das können zum Beispiel mobile Anwendungen und eine ausgeglichenere Work-Life-Balance sein.

 

Schritt 3 – Mittelfinger: »Daten & Bedenken«

Von Seiten der fachlich-inhaltlichen Betrachtung sind alle relevanten Daten, Tools, Hilfsmittel mit den Fachexperten zusammengestellt. Innerhalb der Anwender- bzw. Nutzer-Landschaft kommt es zum Sharing und zur Vernetzung, z. Bsp. in der Cloud. Das klingt jetzt sehr sachlich, aber nehmen wir das Bild des Mittelfingers noch etwas genauer unter die Lupe. Wenn uns jemand den „Mittelfinger zeigt“, ist er mit unserer Meinung, Handlung, Aussage selten konform. Und dies bedeutet auf unser „Digitalisierungsvorhaben“ bezogen, sehr bewusst damit umzugehen. So können die klassifizierten Hilfsmittel konträr den Ist-Prozessen stehen (Stichwort – Medienbruch) oder bei der Ist-Erhebung deutliche Akzeptanzprobleme und/oder geringer Veränderungswille thematisiert werden.

So steht der Change Aspekt ganz im Zeichen des Aufbruchs in die neue Welt! Ab hier gilt es, schon daran zu denken, dass Neues entsteht, Bewährtes verändert wird, um so alle Beteiligten zu ermöglichen“, sich dem „Anderen zu stellen“. Das können erste Angebote von Informationsrunden. Vereinbarungen von Trainingsangeboten bzw. die Erkenntnis, dass dieses auch trainiert werden muss, sein.

 

Schritt 4 – Ringfinger: »Konzeption & Beteiligung«

Der Ringfinger steht für Bindung bzw. Eingehen von (festen) Verbindungen. Doch wie heißt es so schön „Prüfe, wer sich ewig bindet“.

Im Digitalisierungsvorhaben werden jetzt alle erhobenen Ist-Prozesse auf Anpassbarkeit im Sinne der Vision analysiert, Maßnahmen der Optimierung erarbeitet, ggf. neue Datenflüsse inklusive Tools konzipiert. Variationen sind dabei ausdrücklich erwünscht, Medienbrüche sollen vermieden bzw. deren Notwendigkeit detailliert erklärt werden!

Der Change Aspekt steht unter der Devise, möglichst viel Beteiligung zu schaffen und auch dem Verständnis, dass diese Konzeptionsarbeit Zeit, aber auch Mut für Entscheidungen benötigt. Nur so ist ein „Hand in Hand“ zwischen fachlich-inhaltlich und emotionaler Ebene gewährleistet – der Nährboden für jede gute Beziehung/Umsetzung.

 

Schritt 5 – Kleiner Finger: »Umsetzung & Begleitung«

Digitalisierungskonzept und Änderungsgrad der mündigen Nutzer bzw. Anwender ergeben einen Maßnahmenplan zur Umsetzung– unser Output. Dieser Plan muss den Anforderungen an Sicherheit und Beherrschbarkeit standhalten, was bedeutet, dass alle relevanten Stakeholder diesen Plan für sich verstehen müssen.
Von Seiten des Change Aspekts wird es jetzt ernst – denn das alles muss akzeptiert und gelebt werden. In dieser Phase, wo Digitalisierung und Unternehmenskultur Hand in Hand gehen sollen, ist Motivation und Führung besonders wichtig!

 

Zum Schluss: Digitalisierung als iterativer Prozess
 

Digitalisierung ist keine einmalige Aktion, sondern kann und soll als iterativer Prozess betrachtet werden, bei dem man in Zyklen vorgeht und (sehr) viele Checkpunkte mit Reflexionsebenen hat, in denen man kontrolliert, wie die gesetzten Maßnahmen ankommen. Damit hat man die Möglichkeit, regelmäßig und in kurzen Etappen nach zu justieren. Denn immer, wenn man etwas Großes plant, ist das – bildlich gesprochen – wie der Blick in die Kristallkugel. Deswegen wird in regelmäßigen Abstanden reflektiert, welche Maßnahmen um- und Interventionen gesetzt wurden, wie diese angekommen sind, um dann auf dieser Basis regelmäßig den Maßnahmenplan anzupassen. Im Zuge einer solchen Dynamik können derartige Strukturwandel auch zu einem Kulturwandel innerhalb einer Organisation führen – Stichwort »Agiler Change«, wo Hierarchien zugunsten von Prozesseignern mit einem hohen Maß an Selbstverantwortung wegfallen. Aber das ist eine andere Geschichte…

 

 

 

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